Wer in Accum kennt sie nicht, die beiden Steine, die erst übereinander und später nebeneinander, im Pfarrgarten lagen. Aber mal ganz ehrlich (Hand aufs Herz), wer wusste, dass es eine Sonnenuhr ist? Sicher erinnert sich der eine oder andere, aber wir vom Gemeindekirchenrat waren ziemlich erstaunt als Herr Thater, Steinmetz aus Friedeburg, uns fragte: „Was ist denn mit eurer Sonnenuhr geschehen und wie soll es weiter gehen?“ Er machte uns mehrere Angebote zur Restauration und wir haben uns für die „mittlere Variante“ entschieden. Ihm war das aber für das ehrenwerte Teil nicht angemessen und so hat Herr Thater eine Vollrestauration vorgenommen. Die Kirchengemeinde muss nur die Kosten übernehmen, die sie auch in Auftrag gegeben hat, den Rest hat er auf eigene Kosten übernommen. Ein ganz großes, dickes und herzliches Dankeschön dafür!
Beim Zusammenfügen der beiden Teile, bei der auch die Presse vor Ort war und ausgiebig darüber berichtete, konnte Herr Thater uns noch sehr viel über dieses Schmuckstück erzählen: „Die beiden Teile aus Obernkirchener Sandstein stammen wahrscheinlich aus dem Vorgängerbau der heutigen Accumer Kirche. Dabei handelt es sich um sogenannte Spolien (Bauelemente, die woanders wieder Verwendung gefunden haben). Rechts auf der Fotografie
sehen wir eine gotische Säulenbasis (zwischen 1235 und 1520) mit der für die Zeit typischen Grundform des „Oktogon“ und links auf dem Bild ein Säulenkapitel aus der Romanik (zwischen 1020 und 1250), welches wesentlich schlichter und aufgrund der verfügbaren Werkzeuge der Epoche auch gröber gearbeitet ist. Aus diesen beiden Teilen wurde vor knapp zwei Jahrhunderten die Accumer Sonnenuhr geschaffen. Nach dem schonenden Abreinigen der beiden Teile in meiner Werkstatt zeigte sich, das diese zuvor bereits einmal restauriert worden sind. Verschiedene Hinweise deuten darauf hin, dass dies wohl in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts geschehen ist. Soweit die Antragungen und Ergänzungen noch intakt waren, wurden sie belassen; wo nötig, erneuert.
Das Zifferblatt musste für den Standort Accum auf Pergament neu berechnet werden. Dafür benötigt man die geographische Breite, welche für Accum 53,45 ° ist. Es stellte sich heraus, das neue Berechnung und altes Zifferblatt nahezu deckungsgleich sind, was bedeutet, das diese Sonnenuhr tatsächlich für Accum erechnet wurde. Auf dem Zifferblatt sah man im Streiflicht, dass sich unterhalb des Wortes „Anno“ ehemals ebenfalls eine Inschrift befunden haben musste. Überraschenderweise stellte sich heraus, dass diese Sonnenuhr im Jahre 1995, als sie noch intakt war, in die Datenbank „Gnomonika“ aufgenommen worden ist. In dieser Datenbank sind alle bekannten Sonnenuhren in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie dem angrenzendem Ausland verzeichnet. 1995 war die, nicht mehr entzifferbare Inschrift noch lesbar. Es handelte sich um die Jahreszahl „1740“. Somit war auch das Geheimnis um den möglichen Entstehungszeitraum der Sonnenuhr gelüftet.
In der Zwischenzeit wurde für die Sonnenuhr ein solides Tiefenfundament gegossen. Als erstes wurde die ehemalige Säulenbasis wieder an Ort und Stelle gebracht. Nachdem das Oberteil, das romanische Säulenkapitel, auf die Basis gesetzt worden war, wurde die Fuge mit flüssigem Blei vergossen. Rechts auf dem linken Foto als Eingussöffnung zu sehen: ein so genanntes Schwalbennest aus weichem Ton. Links befindet sich der Auslauf, der zeigt, wann die Fuge gefüllt ist. Umlaufend wurde die Fuge mit Ton zugedrückt. Abschließend wurde die Fuge noch mit Bleiwolle ausgestemmt.
Das Poldreieck (Schattenwerfer) wurde ebenfalls nach berechnet und hat den Winkel von 53,45 Grad. Gefertigt ist es aus Cortenstahl, weshalb es mit der Zeit Patina annehmen aber nicht rosten wird. Das Zifferblatt ist ein horizontales Zifferblatt mit Nord/Süd-Ausrichtung und zeigt die „WOZ“ (die wahre Ortszeit) auch Sonnenzeit genannt, an. Von der angezeigten Sonnenzeit muss, je nach Jahreszeit, noch die Sommerzeit dazu gerechnet werden und die über das Jahr sich verändernde Zeitgleiche, die eingeführt wurde, damit es allerorts zur selben Zeit beispielsweise 12 Uhr ist.“